Der Gerald u. ich schlagen nach 1,5 h. Flug an der Nordostküste in Medan auf. Die drittgrößte Stadt Indonesiens bietet allerdings so gar kein Großstadtflair, sieht man vom Verkehr u. Dreck einmal ab. Hochhäuser sucht man vergebens. Das Flanieren auf den "Gehwegen" ist nicht ganz ungefährlich, da die Kanalisationsdeckel schon lange entfernt wurden u. wahrscheinlich eine andere Verwendung gefunden haben.
Die Insel Samosir, zu erreichen per Fähre, nimmt jedoch einen Großteil seiner Fläche ein. Wir befinden uns somit auf einer Insel innerhalb der Insel, auf ca. 900m Höhe ü.N.N.
Die Bewohner der Gegend, die Batak, wurden gegen ende des 19. Jahrhunderts christianisiert, somit ist die Gefahr im Kochtopf zu enden, relativ gering einzuschätzen. Diese Batak Menschen wohnen in bemerkenswerten Häusern…
Mit einer detaillierten Karte wird die Insel per Motorrad erkundet. Der Gerald hat die schönere Suzuki, dafür hat meine Honda funktionierende Bremsen, man kann eben nicht alles haben.
Leider stellt sich heraus, dass die Insel-Verkehrsplaner sich nicht an die Vorgaben unserer Karte gehalten haben. Einige der Straßen sind schlichtweg nicht existent, andere, nun ja. Am gefährlichsten sind allerdings die offensichtlich gut asphaltierten Straßenabschnitte, denn diese gaukeln Komfort vor, bis sich unvermittelt ein metertiefes Loch auftut. Das ist dann umso lustiger, wenn der Blick beim freien Fall gerade links u. rechts der Fahrbahn in die betörende Ferne schweift.
Unsere Mama "Thyesza" (wir nächtigen im gleichnamiges Guesthouse) versorgt uns abends dann auch noch mit "Home made Spätzle". Die Dame hat eigens dafür sogar 2 Spätzle-hobel. Ob mans glaubt oder nicht, die Spätzle schmecken so, wie Spätzle eben schmecken müssen. Ich liebe Lake Toba.
Früher, so bis Anfang 2004 Jahren war das hier eine Art Kurort für Rucksackreisende. Im Dorf TukTuk befinden sich noch jede Menge "Guesthouses" aus dieser Zeit. Heutzutage ist es still geworden im Batak-Land. Das ist umso interessanter, da es offensichtlich mittlerweile auch die "Individualreisenden" in deren Massenhochburgen nach Koh Samui oder anderen "Full Moon Party" Orten zieht.
Auch das Paradies wird irgendwann langweilig, ein Vulkan muss her, nein… wir zu ihm hin.
Der Geldeintreiber (der Gerald spricht vom "monkey") surft außenbords an der Tür mit, die Geldschein in der Hand. Scheinbar eine Frage der Zeit, bis der Mann seinen Kopf verliert. Ich frage mich, ob mein VW-Bus… und verwerfe den fürchterlichen Gedanken sofort wieder!
Vor mich setzt sich dann noch eine Betelnuss kauende Alte, die rot-färbende Nuss zwischen den Zahnstummeln, roter Saft fließt aus dem Mundwinkel, der Fahrtwind trägt einige Fetzen in meine Richtung. Ich kaue auf den Kokosnußplätzchen von Mutter Thyesza, da dreht sich die Alte um u. streckt mir auffordernd die rot gefärbte Hand entgegen. "Alamak" (mein Gott), der weltgrößte Reisende hat Angst, von einer Frau berührt zu werden. Ich hätte ihr sogar meinen iPod ausgehändigt, wen sie mich überfallen hätte.
Nachdem dann noch der wohlriechende Herr (mit der vollen Hose…?) zusteigt, ist meine Toleranzgrenze fast erreicht. Selbst aus dem Karton hinter mir höre ich Beschwerdegezwitscher des mitreisenden Federviehs.
100km weiter u. 5h später steigen wir nach 3maligem Umsteigen, gut gerüttelt (nicht gerührt) in Berastagi aus. Man kann über die Qualität der Straßen sicher nicht geteilter Meinung sein, aber auf seine Art ist das Verkehrssystem hin. Verfügbarkeit auf jeden Fall effizient. In Deutschland komme ich sicher problematischer aus dem letzten Kuhdorf mit öffentlichen Verkehrsmitteln weg.
(das Foto passt schon, das hier ist "Mülltrennung auf indonesisch", das Wirtshaus ist im Hintergrund: Wellblech…)
Fazit: wer glaubt, schon alles erlebt zu haben, sollte vielleicht mal nach Sumatra...
© Steffen Gross, 2013