Hoehlentauchkurs in Florida - Warum? Für wen?

  • Keyhole (Jan. 2006)
  • http://wowslider.com/
  • DevilsEye (Jan. 2006)
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Nein, hier finden sich keine weiteren "Geheimtipps" über Florida Karstquellen, dazu gibt es an anderer Stelle im Internet genuegend Informationen. Vielmehr eine kurze (sicher subjektive) Sichtweise zu den angebotenen Hoehlentauchkursen.

Ein Tauchkamerad ist schuld…Endlich hat er mich soweit gebracht, ihn zum alljaehrlicheen Hoehlentauch-Ausflug nach Florida zu folgen. Die Sache hat nur einen kleinen Haken: ohne Hoehlentauchschein (kurz „Cave-C-Card“) darf man in den meisten Quelltoepfen gerade mal seine Fuesse baden. Da hilft auch kein Verweis auf langjaehrige Erfahrung in kalten, tiefen, siltigen europaeischen Hoehlen. US-Park-Ranger und private Eigentuemer sind (wahrscheinlich aus versicherungstechnischen Gruenden) allen Argumenten gegenueber resistent. Zu viele Freiwassertaucher haben in den letzten 3 Jahrzehnten in Florida ihr Leben gelassen. Tauchkamerad Happo war letztes Jahr selbst Zeuge einer Leichenbergung infolge „menschlichen Versagens“. Lediglich einige oeffentliche Quelltoepfe (u.a. Telford Sink) koennen ohne C-Card betaucht werden.

An dieser Stelle den Kursinhalt zum „Full-Cave_Diver“ zu beschreiben, wuerde den Rahmen des Berichts sprengen. In den USA dominieren in diesem Bereich 2 international anerkannte Ausbildungsorganisationen:
NACD:         National Association of Cave Diving
NSS-CDS:
    National Speleology Society-Cave Diving Section.

Die Inhalte lassen sich auf den einschlaegigen websites der Verbaende (Siehe auch Links) nachlesen. NSS ist die aelteste Speleo-Organisation auf dem Kontinent. Die CDS ist allerdings erst aus einer Abspaltung von der NACD entstanden. Das erklaert moeglicherweise auch die nahezu identischen Ausbildungsinhalte und den Umstand, dass viele Instrukteure beide Karten ausstellen (fuer die Sammler und Jaeger). Ich habe das Glueck, bei Urgestein und Pionier Paul Heinerth, Tauchpartner vom, leider viel zu frueh verstorbenen, „Gottvater“ Sheck Exley, unterrichtet zu werden. Mit grosser Skepsis trete ich also meine Ausbildung als „Cavestudent“ an. Denkt man doch bei amerikanischer Tauchausbildung zuerst an eine (auch uns bekannte) grosse Organisation, die das (modern)e Tauchen erst erfunden haben will. Der 1.Tag bestaetigt mich auch in all meinen Befuerchtungen. „Linedrill“ (Leinenverlegung) im Trockenen, von Baum zu Baum, lassen einen altgedienten Tauchlehrer und nicht unerfahrenen Hoehlentaucher schon zweifeln, ob er hier wirklich an der richtigen Adresse ist. Paul kann scheinbar Gedanken lesen und vertroestet mich auf den folgenden Tag. Tatsaechlich, die Tauchgaenge werden wirklich interessant und lernen kann man auch noch was. Insbesondere die ungetruebte Wassertransparenz bei Temperaturen um die 22°C ermuntern zu Uebungen, die man sich in unseren Hoehlen nur ungern freiwillig zumutet. Bei nahezu allen Tauchgaengen wird eine 32-er Nitroxmischung verwendet, da die max. Tiefen der Hoehlensysteme die 30m-Marke selten ueberschreiten. Die Standard-Tankgroessen fuer die Backpacks betragen meistens 2x15 bzw. 2x18l (wieviel ist das gleich nochmal in cbf?). Die Mitnahme von Stage-Tanks ist i.d.R. nicht notwendig

Grotesk erscheint aus meiner Sicht allerdings der Theorieunterricht. Selbst einfachste Dreisatzkalkulationen (u.a. AMV, Luftmengen- u. Verbrauchsberechnungen) sind fuer die amerikanischen und kanadischen Kollegen, ohne den Einsatz von Tabellen schier unloesbar. Grund hierfuer das wirklich veraltete …System, das im Gegensatz zum SI-System keine einfachen Divisionen der Betraege und Einheiten zulaesst.  Der Zeitaufwand fuer simple 3-Minutenberechnungen fuellt dann somit schnell 45 min aus und ich frage mich, wie es dieser Nation gelungen ist, auf dem Mond zu landen.

Im Rahmen der Uebungen und schriftlichen Abschlusspruefung habe ich einfach alle gegebenen Groessen in SI-Einheiten umgerechnet, im Dreisatz weiterverarbeitet und die Endergebnisse wieder im amerikanischen System ausgegeben. Die z.V. gestellten Tabellenbuecher kann man dann auch fuer andere Zwecke nutzen…

Fazit: Eine Hoehlentauchausbildung  in USA  (das trifft sicher auch fuer Mexiko zu) ist fuer einen unerfahrenen Hoehlentaucher eine gute Gelegenheit, seine Fertigkeiten (d.h. ja heutzutage „skills“) zu trainieren bzw. grundlegende Techniken zu erlernen. Die dortigen Gegebenheiten lassen sich aber nur sehr eingeschraenkt auf unsere mitteleuropaeischen Hoehlensysteme uebertragen. Die Bedingungen bei uns sind einfach viel schwieriger, insbesondere hinsichtlich der niedrigen Wassertemperaturen, ausgedehnten Tiefenbereich sowie der allgemeinen Erschliessung. Wer jedoch gelegentlich den wirklich sehenswerten Hoehlensystemen in den USA oder Mittelamerika, insbesondere Yukatan, einen Besuch abstatten will, der kommt an einer C-Card i.d.R. nicht vorbei.

© Steffen Gross, 2013